Steuerung flexibler Lasten mit iMSys und KNX

6. Oktober 2022

Im Auftrag der KNX Association realisiert EnQS zusammen mit Partnern einen Proof-of-Concept (PoC) zur BSI-konformen Ansteuerung flexibler Lasten. Die Übertragung externer Signale erfolgt im PoC über den abgesicherten CLS-Kanal eines intelligenten Messsystems nach TR-03109 des BSI, die lokale Kommunikation über das abgesicherte Kommunikationsprotokoll KNXnet/IP nach DIN EN ISO 22510. Für den PoC werden ausschließlich praxistaugliche Komponenten und Protokolle verwendet, die insbesondere auch für den Einsatz durch Netzbetreiber geeignet sind. Aus diesem Grund kommt u.a. der Standard nach IEC 61850 für die Sollwertvorgabe der Ansteuerung sowie eine FNN konforme Steuerbox zum Einsatz. Die Steuerbox setzt dabei insbesondere die digitale Schnittstelle nach „VDE FNN Lastenheft Steuerbox – Funktionale und konstruktive Merkmale“ um.

Das Energiemanagementsystem auf dem lokalen Controller wurde von der Fa. Richter R&W Steuerungstechnik implementiert. Die Entwicklung der FNN-Steuerbox, des aEMT sowie auch der IEC-Schnittstelle zur Sollwertvorgabe erfolgte durch Consolinno Energy, während das Team von EnQS die Konfiguration des iMSys über die GWA und die Orchestrierung des Gesamtsystems beigesteuert hat. Zudem fand der finale Labortest des Systems im EnQS Testlab in Karlsruhe statt.

Während des Labortests konnte die gesamte Prozesskette von der Sollwertvorgabe via IEC 61850 bis hin zur Übertragung der Steuersignale vom Leaflet CLS (FNN Steuerbox) über das Energiemanagementsystem bis zur Umsetzung auf der Wallbox erfolgreich aufgebaut und erprobt werden. Insbesondere wurden die Szenarien Fahrplanvorgabe, Wischer- und Direktbefehl umgesetzt. Bei allen eingesetzten Komponenten handelt es sich nicht um Prototypen, sondern um marktfähige Geräte.

aEMT mit Sollwertvorgabe über IEC 61850 (Consolinno Energy)

Der aktive externe Marktteilnehmer (aEMT) terminiert den CLS-Kanal des iMSys backendseitig, so dass vom aEMT eine bidirektionale Verbindung zur Steuerbox besteht. Auf diese Weise stehen die aktuelle Sollwert-Vorgabe, die Anlagenparameter und der momentane Leistungswert der steuerbaren Einheit am aEMT zur Verfügung, so dass im PoC z.B. die Wirkleistung am Netzanschlusspunkt visualisiert wird.

Über die IEC 61850 Schnittstelle des aEMT können zudem Fahrplan-Profile ausgewählt werden, auf Basis derer Steuersignale zum flexiblen Verbraucher verschickt und dort umgesetzt werden. Auf diese Weise wird im PoC die Parametrierung der Sollwirkleistungsvorgabe für Bezug und Einspeisung (Fahrplansteuerung) mit der digitalen Schnittstelle der Steuerbox unter Verwendung des Kommunikationsprotokolls KNXnet/IP nach „VDE FNN Lastenheft Steuerbox – Funktionale und konstruktive Merkmale“ (Anhang B.1) umgesetzt. Der so genannte „Wischerbefehl“ erlaubt in diesem Zusammenhang die temporäre Konfiguration eines Leistungslimits (Plim) am Netzanschlusspunkt, das nach einer bestimmten Dauer wieder überschrieben wird. Mit dem „Direktbefehl“ kann ein dauerhaftes Leistungslimit konfiguriert werden. Beide Features wurden zusätzlich zur Fahrplansteuerung im PoC erprobt.

Smart Meter Gateway und Smart Meter Gateway Administration (EnQS)

Das intelligente Messsystem (iMSys) besteht hier aus einem Smart Meter Gateway (SMGW, CONEXA 3.0) von Theben, einer modernen Messeinrichtung (mME) von Iskra sowie der FNN Steuerbox und dem aktiven externen Marktteilnehmer (aEMT) von Consolinno Energy. Der sichere CLS-Kanal nach TR-03109 wird durch die Steuerbox von dieser über das SMGW zum aEMT aufgebaut (HKS3). Zur Konfiguration des SMGW, der Zählerprofile sowie des CLS-Kanals kommt eine GWA-Instanz in der Test-PKI von Robotron zum Einsatz. Die konkrete Umsetzung der Sollwertvorgabe erfolgt durch das lokale Energiemanagementsystem, das über KNXnet/IP sowohl mit der Steuerbox als auch mit dem flexiblen Verbraucher (Mennekes AMTRON Wallbox) kommuniziert.

Zentrales Herzstück der Kommunikation im intelligenten Messsystem ist das Smart Meter Gateway. Das SMGW ist essentiell für den standardisierten CLS-Kanal zur gesicherten und authentisierten Kommunikation (CLS-Proxy) zwischen Steuerbox (CLS-Gerät) und aEMT. Zudem ermöglicht das eingesetzte SMGW die Bereitstellung der Messdaten von der mME im HAN/CLS-Netzwerk, die im konkreten Szenario an der so genannten m2m-Schnittstelle des SMGW von der Steuerbox abgerufen werden.

Zur Übertragung der für das iMSys benötigten Profile auf das SMGW wird eine Instanz des robotron*GWA-Managers in der Test-PKI eingesetzt. Insbesondere werden Zählerprofile, Profile zur Konfiguration der Letztverbraucherschnittstelle sowie Proxy- und HKS3-Profile zur Konfiguration des CLS-Kanals erzeugt und übertragen.

Leaflet CLS (Consolinno Energy)

Für die Umsetzung der Sollwertvorgaben über IEC 61850 auf KNXnet/IP wurde das Leaflet CLS (Steuerbox nach FNN) von der Fa. Consolinno verwendet. Da das EMS auf einer zusätzlichen Komponente (s. unten) realisiert wurde, kommt das Leaflet CLS im KNX-Demonstrator ohne EMS zum Einsatz. Das Leaflet CLS übernimmt den Aufbau des CLS-Kanals (HKS3) zum aEMT über das SMGW und terminiert den CLS-Kanal somit lokal.

Der lokale IEC-Server des Leaflet CLS empfängt zudem die Signale über IEC 61850 vom aEMT und übersetzt somit die empfangenen Signale (z.B. Wirkleistungsvorgabe) auf KNXnet/IP nach Vorgabe FNN-Lastenheft („Umsetzung der digitalen Schnittstelle der Steuerbox unter Verwendung des Kommunikationsprotokolls KNX“).

Energiemanagementsystem (Richter R&W Steuerungstechnik)

Das Energiemanagementsystem (EMS) übernimmt die Koordination der verschiedenen Verbraucher und Erzeuger im Gebäude (Batterie, Wärmepumpe, Wallbox, etc.). Dabei kommt ausschließlich das Protokoll KNXnet/IP zum Einsatz, da alle verwendeten Komponenten ebenfalls kompatibel zu KNXnet/IP sind.

Das EMS wurde auf einem WAGO PFC200 SPS-Controller mittels e!COCKPIT nach IEC 61131 implementiert. Dieser kann mittels KNX TP-Schnittstelle mit allen KNX Geräten in der Liegenschaft kommunizieren. Im KNX-Demonstrator wurde exemplarisch die dynamische Wirkleistungsbegrenzung am Netzanschlusspunkt (Plim) mittels FNN-Steuerbox und KNXnet/IP realisiert. Dazu empfängt das EMS die Messdaten am Netzanschlusspunkt und die Wirkleistungssollwerte von der Steuerbox sowie die aktuellen Messdaten vom Ladepunkt via KNX TP. Die Integration der Ladepunkte in die KNX TP Linie wurde mittels ise SMART CONNECT KNX e-charge II realisiert. Das EMS verarbeitet die Messdaten in einer lokalen Regelung und schickt auf dieser Basis entsprechende Signale an die Wallbox. Auf diese Weise ist im KNX-Demonstrator eine Ladepunkt Steuerung via KNXnet/IP (z.B. PV-Überschussladung) realisiert.

JUNG SV-Server mit Smart Control 5 und KNX ETS 6 

Die Visualisierung von Messdaten und Steuerbefehlen wird u.a. der Smart Visu-Server auf dem integrierten KNX Panel verwendet. Zur Konfiguration der Sensoren und Aktoren sowie zur Diagnose auf dem KNX-Bus wurde die Software KNX ETS 6 verwendet. Mittels dieser Software kann auch der so genannte Sollwert-Test durch den Netzbetreiber bei der IBN des Netzanschlusses erfolgen.

Mennekes AMTRON

Exemplarisch für eine flexible bzw. steuerbare Last wurden zwei Wallboxen des Typs AMTRON der Fa. Mennekes in den KNX-Demonstrator integriert, die vom lokalen Energiemanagementsystem angesteuert werden. Auf diese Weise konnte mit dem KNX-Demonstrator die gesamte Kommunikationskette von der Sollwertvorgabe am aEMT bis zur Umsetzung auf der Wallbox durch das EMS praktisch erprobt werden. Die Wallbox empfängt dabei die Fahrpläne vom EMS und setzt diese um. Zusätzlich stellt die Ladesäule Messwerte zur Verfügung, die vom EMS für die lokale Regelung benötigt und genutzt werden.

Der Proof-of-Concept wurde auf der Light + Building vom 2. bis 6. Oktober 2022 auf dem Stand der KNX Association demonstriert.

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